Innovative Wege zur Erfassung und Bewertung der Substanz im Verkehrswegebau
- Untersuchungsstrategien
- Verfahrensweisen
- Technische Ausrüstung
- Anwendungsbeispiele
1. Vorwort
Aufgrund der allgemeinen Einsparungen im Haushalt müssen gerade im Straßenbau möglichst wirtschaftliche Lösungen für Sanierungs-, Erhaltungs- und Erneuerungsmaßnahmen gefunden werden.
Grundvoraussetzung für eine möglichst wirtschaftliche Erhaltungsmaßnahme ist wiederrum eine möglichst genaue und lückenlose Kenntnis über die vorhandene Substanz.
Besonders im kommunalen Bereich, d.h. bei ständig variierenden Straßenbauverhältnissen, stößt man aber durch rein punktuelle Betrachtungen (Bohrkernentnahme) schnell an die Grenzen einer gesicherten Aussage. Die daraus entstehenden Unsicherheiten und Fehlinterpretationen können wiederum zu fehlerbehafteten Ausschreibungen (Nachträgen) führen.
Im nachfolgenden Informationsmaterial wird aufgezeigt, wie durch die Kombination bekannter „klassischer“ Verfahren und neuer innovativer Technologien der resultierende Informationsgehalt durch
- flächenhafte Erkundungen (GPR),
- Tragfähigkeitsuntersuchungen (FWD),
- Analysen zur strukturellen Substanz (Bohrkerne) und
- Bestimmung des Alterungsstatus des Asphalts (DSR)
und die dadurch resultierende Präzision in allen Bereichen um ein vielfaches gesteigert werden kann und somit zielsichere und nach-vollziehbare Aussagen getroffen werden können.
2. Untersuchungsstrategien
Die nachfolgende Abbildung 1 zeigt die grundsätzliche Untersuchungsstrategie der Ingenieurgruppe PTM zur zielsicheren und nachvollziehbaren Wahl von Erhaltungsmaßnamen für den Verkehrswegebau.
Im ersten Untersuchungsschritt wird sich anhand der Georadarmessung und Tragfähigkeitsuntersuchung mit dem Falling Weight Deflectometer ein flächendeckender Überblick über den tatsächlich vorhandenen Aufbau des gebundenen und ungebundenen Oberbaus verschafft. Anhand einer ersten Auswertung kann die Messstrecke differenziert und in homogene Abschnitte unterteilt werden.
Auf Grundlage der Messergebnisse und der Bildung der homogenen Abschnitte können erste Erhaltungsstrategien entwickelt (teilweise/vollständige Erneuerung) und gezielt Entnahmestellen für Erkundungsbohrungen definiert werden.
Neben der reinen Stärke der Einzelschichten bzw. des Asphaltpaketes spielen vor allem auch die Struktur des Asphaltgefüges (Hohlraumverteilung, Porosität, Risse) und der Alterungsstatus des vorhandenen Bindemittels eine entscheidende Rolle.
Bei ausreichend festgestellter Substanz und der Möglichkeit einer teilweisen Erneuerung werden erweiterte Materialanalysen (Asphaltstrukturanalyse und Alterungsstatus des Bindemittels) zur Beurteilung der Qualität der Restsubstanz der Asphaltkonstruktion angeordnet.
Die Ermüdungs- und Verformungsbeständigkeit einer Asphaltschicht (vorrangig Asphalttragschicht) hängt neben den oben genannten Punkten im Wesentlichen von der Qualität und dem Alterungszustand des Bindemittels (Versprödung, Verlust der Klebkraft) ab.
Die Kombination der Kenntnisse
- der Schichtmächtigkeiten und des Schichtaufbaus durch Georadaruntersuchungen und Erkundungsbohrungen,
- der Tragfähigkeitsmessungen,
- der Gefüge-Ansprache der Restsubstanz
- und der physikalischen/-rheologischen Untersuchung des Bindemittels
lassen fundierte Bewertungen der vorhandenen Substanz zu und erlauben somit die Formulierung zielsicherer Sanierungsmaßnahmen.
Abbildung 1: Untersuchungsstrategie der Ingenieurgruppe PTM zur zielsicheren und nachvollziehbaren Wahl von Erhaltungsmaßnahmen für den Verkehrswegebau
3. Verfahrensweisen und technische Ausrüstung
3.1 Georadar (GPR)
Die Georadar-Messung bietet ‒ gerade bei ständig variierenden Straßenbauverhältnissen ‒ durch eine lückenlose und flächendeckende Aufnahme grundsätzlich den Vorteil einer deutlich gesteigerten Aussagekraft gegenüber einer punktuellen Bohrkernentnahme.
Durch das Georadarverfahren können Leitungen, Einzelobjekte und strukturelle Veränderungen im Boden wie Korngrößenänderungen und Grenzhorizonte detektiert werden. Die Ansprache und Zuordnung einzelner Lagen / Materialien basiert auf Erfahrungswerten und den Ergebnissen der Bohrkernentnahmen bzw. Rammkernbohrungen.
Zur Bestimmung der geologischen Daten (bspw. die Stärke einzelner Schichten) wird die Laufzeit der durch die Antennen in den Untergrund initiierten Radarwellen, d.h. die Zeit, die die Wellen zu einem bestimmten Objekt und zurück benötigen, gemessen.
Durch die Kenntnis der Ausbreitungsgeschwindigkeit für bestimmte Materialien werden aus den aufgenommenen Laufzeiten Tiefenangaben berechnet, wobei es durch Inhomogenitäten im Untergrund zu Abweichungen in der Ausbreitungsgeschwindigkeit bzw. in der Tiefenbestimmung kommen kann.
Die Laufzeiten der elektromagnetischen Wellen werden aufgezeichnet und in Form von Radargrammen dargestellt, wodurch eine Interpretation der Lage vorhandener Schichtgrenzen ermöglicht wird.
Ein exemplarischer Radargramm-Ausschnitt ist in Abbildung 2 zu sehen.
Die an das Messfahrzeug der Ingenieurgruppe PTM gekoppelten hochfrequente 1 GHz- Hornantenne lässt eine Tiefenerfassung von bis zu einem Meter und somit Aussagen zu den ungebundenen Schichten zu.
Zur Detektion der gebunden Schichten ist eine zweite hochfrequente und hochauflösende Hornantenne mit 2 GHz mit einer Wirktiefe von ca. 0,5 m an das System gekoppelt.
Die Überlagerung beider Antennen liefert ein vollständiges Bild des Straßenoberbaus (gebunden und ungebunden).
Die Abbildung 3 zeigt das Messfahrzeug der Ingenieurgruppe PTM mit den beiden hochfrequenten Hornantennen.
Das eingesetzte Georadarmesssystem erlaubt Messgeschwindigkeiten von bis zu 80 km/h und kann somit im fließenden Verkehr eingesetzt werden. Gemessen werden je nach Messgeschwindigkeit zwischen 10 scans/m (z.B. Autobahn bei 80 km/h) und 30 scans/m (z.B. Stadtstraßen bei 20 Km/h).
Nach der Oberflächenreflexion, die naturbedingt immer am größten ausfällt, ist die Reflexion der Asphaltgrenze (Grenze zwischen gebundenem und ungebundenem Aufbau) im Allgemeinen am deutlichsten ausgeprägt. Ausnahmen bilden die Bereiche, in denen einzelne Asphaltschichten aufgrund substanzieller Schäden strukturell stark von angrenzenden Schichten differieren oder zwischen zwei Asphaltschichten kein Haftverbund besteht. Bei den in den Schnitten angegebenen Schichtwechseln handelt es sich um Grenzhorizonte, an denen ein eindeutiger Materialwechsel festgestellt werden konnte. Diese sind in der Regel als Grenzflächen definiert, an denen sich z.B. die Dichten, die Korngrößen etc. ändern.
Abbildung 2: Hornantennen mit den Frequenzen 1 GHz und 2 GHz
Abbildung 3: Hornantennen mit den Frequenzen 1 GHz und 2 GHz
3.2 Falling Weigt Deflectometer (FWD)
Beim Falling-Weight-Deflectometer (FWD) wird gemäß dem FGSV-Arbeitspapier AP Trag Teil B 2.1 über eine Lastplatte ein Kraftimpuls auf die Fahrbahnoberfläche aufgebracht. Der vom FWD erzeugte Kraftimpuls dient zur Simulation einer Radüberrollung. Die kurzzeitige vertikale Verformung der Fahrbahnoberfläche (Deflexionsmulde) wird von Geofonen aufgenommen (vgl. Abbildung 4).
Die Deflexionen im Lastzentrum dienen zur Abschätzung der Tragfähigkeit des Gesamtsystems, die Deflexionen 1,8 m vom Lastzentrum entfernt dienen zur Abschätzung der Tragfähigkeit des Untergrundes.
Durch die unkomplizierte und schnelle Versuchsdurchführung lassen sich sehr viele Messpunkte in situ realisieren.
Abbildung 4: Prinzipskizze des FWD-Messverfahrens auf Asphaltoberflächen
3.3 Strukturelle Substanz und Alterungsstatus des Asphalts
Die strukturelle Substanz der gebundenen Schichten wird anhand der entnommenen Bohrkerne und der nachfolgend aufgeführten Strukturmerkmale analysiert und bewertet:
- Offenporigkeit
- Schichtenverbund
- Unterdimensionierung
- Rissbildung
Neben der Asphaltstruktur ist ebenso die Qualität (Alterungszustand) des vorhandenen Bindemittels ein entscheidender Parameter. Stark gealterte Bindemittel weisen signifikante Qualitätsverluste hinsichtlich der Klebkraft und der Rissbeständigkeit bei Kälte sowie eine geringere Ermüdungsre-sistenz unter der Verkehrslast durch die Zunahme der Steifigkeit (Versprödung) auf.
Um das Alterungsverhalten der aus den Asphaltproben zurückgewonnenen Bindemittel einstufen zu können, wird zum Vergleich eine Serie von untersuchten Straßenbaubitumen aus dem PTM-Datenpool herangezogen.
Aus den Ergebnissen lassen sich der Alterungszustand des Bindemittels/Asphalts und Aussagen über die zu erwartende schadensfreie Nutzungsdauer ableiten.
4. Ergebnisse und Darstellungsweisen
Die zum Teil für den Anwender sehr komplexen Ergebnisse werden in Rahmen von Gutachten durch die Ingenieure der Ingenieurgruppe PTM soweit aufbereitet, dass diese auch für den nicht auf diese Thematik spezialisierten Fachmann verständlich werden. Unterstützt durch eine Vielzahl an übersichtlichen und klar strukturierten Grafiken werden die Ergebnisse nachvollziehbar erläutert.
Die folgenden Abbildungen zeigen in diesem Kontext anhand von Anwen-dungsbeispielen die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Darstellung der Er-gebnisse:
- Georadarauswertungen als Streckenband (Abb. 5 und Abb. 6)
- Übersichtslageplan mit Schichtdicken (Abb. 7)
- Ortung von Irregularitäten im Asphalt z.B. Hohlräume, fehlender Haftverbund (Abb. 8)
- Einordnung der Bindemitteleigenschaften nach dem heutigen Stand (Abb. 9)
- Bewertung der Bindemittel nach dem Alterungsstatus (Abb. 10)
- Interaktives Visualisierungstool (Abb. 11)
- Klassifizierung des gebundenen Oberbaus (Tab. 1 und Abb. 12)
Bei Bedarf können alle Daten bezüglich einer Einzelstrecke oder eines Streckenkollektivs inklusive hinterlegter Laborergebnisse in dem Interaktiven Visualisierungstool (kurz: IVT) übersichtlich zusammengefasst werden (vgl. Abb. 11). Das IVT umfasst dabei im Einzelnen:
- Auswahl der Messstrecke (a)
- Messstrecke als Video mit entsprechender Kilometrierung / Stationierung (b)
- Messstrecke als Übersichtskarte (c)
- Streckenbänder mit der Darstellung der einzelnen Schichten (d)
- Tabellarische Darstellung der Schichtdicken (e)
- Bohrkernentnahmestellen werden entsprechend im Kartenmaterial bzw. Streckenband markiert
- direkt aus der Kartendarstellung abrufbare Laborergebnisse
Die Einstufung von homogenen Gesamtschichtdicken erfolgt in Anlehnung an die nach den RStO beschriebenen Schichtdicken des gebundenen Oberbaus. In Tabellen werden die dieser Klassifizierung zu¬grunde liegenden Grenzwerte, die dazu jeweils korrespondierende Belastungsklasse und die dafür gewählten Farbschemen aufgeführt.
Die maßgebenden Grenzwerte orientieren sich an den RStO 12, Tafel 1, Zeile 1.
5. Abwicklung
Das Gesamtpaket der Untersuchungen bestehend aus:
- Georadarbefahrung (schnellfahrend, 1 GHz und 2 GHz-Hornantenne),
- Tragfähigkeitsmessung mittels Falling Weight Deflectometer (oder Benkelmannbalken),
- Erkundungsbohrungen und -sondierungen,
- Deklarationsanalysen,
- Laboranalysen (Strukturanalyse und Alterungsstatus)
- Gutachten inkl. Sanierungsempfehlung
kann vollständig durch die Ingenieurgruppe PTM abgebildet werden.